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COVID-19, Klimawandel, Krieg: Der Einfluss globaler Krisen auf die Scheidungsrate

COVID-19, Klimawandel, Krieg: Der Einfluss globaler Krisen auf die Scheidungsrate

Das Familienrecht ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen, die die Menschen in einer gegebenen Zeit bewältigen. In den letzten Jahren haben globale Krisen wie die COVID-19-Pandemie, der Klimawandel und regionale Konflikte und Kriege beispielsweise in der Ukraine und Israel die Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, wie diese Entwicklungen die Scheidungsrate beeinflussen. In diesem Artikel werden wir die rechtlichen Aspekte dieser Thematik ausführlicher betrachten.

Die Auswirkungen von Krisen auf Beziehungen

Krisen, sei es eine Gesundheitskrise, eine ökologische Krise oder eine politische Krise, können erheblichen Stress auf Partnerschaften und Ehen ausüben. Die sozialen, wirtschaftlichen und emotionalen Belastungen, die durch diese Krisen entstehen, können zu Konflikten und Spannungen führen, die sich negativ auf Beziehungen auswirken.

Beziehungskiller Finanzen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, wie sie während der COVID-19-Pandemie auftraten und durch die teils kriegsbedingte Inflation noch immer vorhanden sind, kann der Verlust von Arbeitsplätzen und Einkommensunsicherheit zu finanziellen Belastungen führen, die sich negativ auf die Ehe auswirken können. Finanzielle Probleme sind oft ein wichtiger Auslöser für Trennungen und Scheidungen.

Finanzielle Unsicherheit kann zu Konflikten führen, da Paare unterschiedliche Auffassungen darüber haben können, wie Geld verwaltet und ausgegeben werden sollte. Diese Meinungsverschiedenheiten können zu regelmäßigen Streitigkeiten führen. Wenn finanzielle Schwierigkeiten auftreten und einer der Ehepartner das Gefühl hat, dass der andere nicht verantwortlich mit Geld umgeht, kann dies das Vertrauen in die Beziehung untergraben.

Die Sorge um die finanzielle Zukunft und die Bewältigung von Schulden oder Einkommensverlusten kann zudem zu erheblichem psychischem Stress führen. Dieser Stress kann die Fähigkeit beeinträchtigen, die vermehrt entstehenden Konflikte konstruktiv zu bewältigen. Wird in der Folge weniger offen und ehrlich miteinander kommuniziert, kann dies die Fähigkeit beeinträchtigen, gemeinsam Lösungen für finanzielle Probleme zu finden.

Finanzielle Unsicherheiten können auch die Lebensqualität insgesamt beeinträchtigen, da Paare möglicherweise nicht in der Lage sind, sich gewünschte Dinge zu leisten oder Zukunftspläne zu realisieren. Dies kann zu Enttäuschungen und Unzufriedenheit führen. Eltern, die mit Geldproblemen zu kämpfen haben, können Schwierigkeiten haben, für die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sorgen, was die Familie weiter belastet.

Das dauerhafte Befassen mit finanziellen Schwierigkeiten führt in einigen Ehen dazu, dass emotionale Verbindungspunkte vernachlässigt werden, was eine Entfremdung der Ehepartner zur Folge haben kann.

Nicht zuletzt aufgrund finanzieller Aspekte lohnt es sich, wenn tatsächlich eine Scheidung ansteht, diese einvernehmlich durchzuführen. Jede Streitigkeit, die zwischen den Eheleuten vor Gericht ausgetragen wird, steigert die Scheidungskosten.

Emotionale Belastung steigt

Emotionale Belastungen, die durch den Klimawandel, Kriege und andere globale Krisen ausgelöst werden, können sich auf vielfältige Weisen negativ auf eine Ehe auswirken.

Wer sich viel auf sozialen Medien bewegt und über das Weltgeschehen informiert, kann sich in Zeiten wie diesen mit unsicheren Zukunftsaussichten und existenziellen Bedrohungen konfrontiert sehen, was erheblichen Stress und Ängste hervorrufen kann. Menschen sehen ihre Lebensqualität bedroht und steigern sich gegebenenfalls sogar in düstere Zukunftsszenarien hinein.

Ein frustriertes, ängstliches und reizbares Agieren innerhalb der Ehe ist oft die Folge, wenn Menschen nicht die Fähigkeit besitzen, sich mit diesen Emotionen auseinanderzusetzen. Dies kann fatale Auswirkungen auf das eheliche Zusammenleben haben.

Globale Krisen können auch das Vertrauen in die Zukunft und die Sicherheit der Welt erschüttern. Zudem kann auch die Lebensplanung eingeschränkt werden, wenn Lebenspläne und Träume plötzlich nicht mehr realisierbar erscheinen. Vertrauensverlust und Unzufriedenheit sind oft die negativen Folgen für die Ehe. Leiden dann auch noch beide Ehepartner unter ähnlicher emotionaler Belastung, kann es schwierig werden, einander die notwendige emotionale Unterstützung zu bieten. Ehepartner fühlen sich dann oft isoliert und allein.

Die langfristige Exposition gegenüber emotionalen Belastungen kann schließlich die psychische Gesundheit beeinträchtigen, was sich wiederum auf die Beziehung auswirken kann.

Höhere Scheidungsrate in Krisenzeiten?

Rechtsanwalt Niklas Clamann kann eine Auswirkung der aktuellen Krisen auf die Scheidungsrate feststellen:

„Tatsächlich habe ich in meiner Kanzlei in den letzten Jahren eine Zunahme von Fällen bemerkt, in denen Ehepartner die Scheidung einreichen möchten. Obwohl ich keine statistischen Daten vorlegen kann, die belegen, dass die Scheidungsrate insgesamt aufgrund globaler Krisen angestiegen ist, habe ich den Eindruck, dass die Anzahl der Scheidungsfälle zugenommen hat.

Ich glaube, dass die vielen Krisen, mit denen die Menschen in den letzten Jahren konfrontiert waren, eine wesentliche Rolle spielen. Die COVID-19-Pandemie hat zum Beispiel zu erheblichen Belastungen geführt, sei es aufgrund von Gesundheitsängsten, finanziellen Sorgen oder den Herausforderungen des Homeoffice. Diese Stressfaktoren können zu verschärften Konflikten zwischen Ehepartnern führen.“

Das statistische Bundesamt hat im Juni 2023 eine aktuelle Statistik über die Scheidungsraten in Deutschland der letzten Jahre veröffentlicht. Es zeigt sich eine Zunahme der Scheidungsraten von 2019 bis 2021. Lag die Scheidungsrate im Jahr 2019 noch bei 35,79 %, ist sie im Jahr 2020 auf 38,52 % gestiegen und hat ihren Höhepunkt im Jahr 2021 mit 39,9 % erreicht. Ein Auslöser könnte die COVID-19 Pandemie gewesen sein. Im Jahr 2022 ist die Scheidungsrate dann mit 35,15 % wieder auf ein Niveau vor 2019 gesunken.

Allerdings lag die Scheidungsrate beispielsweise im Jahr 2005 unabhängig von einer bekannten globalen Krise auf einem Rekordniveau von 51,92 %. Es ist also schwierig, einen Zusammenhang zwischen Krisen und Scheidungsraten herzustellen.

Krisen wie die COVID-19-Pandemie, der Klimawandel und Kriege haben vermutlich dennoch Auswirkungen auf die Scheidungsrate, da sie Partnerschaften und Ehen vor außergewöhnliche Herausforderungen stellen. Das Familienrecht spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung dieser Veränderungen und bietet rechtliche Rahmenbedingungen, um den Prozess der Trennung und Scheidung zu regeln. In Zeiten des Wandels ist es wichtig, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen und die besten Interessen aller Beteiligten, insbesondere der Kinder, im Auge zu behalten. Grundsätzlich sollte es immer das Ziel sein, eine einvernehmliche Scheidung durchzuführen, bei der möglichst keine Streitpunkte gerichtlich ausgetragen werden.